Mittwoch, 5. Mai 2010

Kritik am Krisenmanagement der Kanzlerin: „Schröder hätte Vertrauensfrage gestellt“

FAZ.net vom 04.05.2010
Von Günter Bannas, Berlin

Die Opposition zögert mit ihrer Zustimmung zum Gesetz über die Hilfe für Griechenland. Die SPD vermutet, die absolute Mehrheit („Kanzlermehrheit“) von Union und FDP sei bei der Abstimmung am Freitag nicht gesichert. Kanzlerin Merkel habe die Lage nicht im Griff. Die Vorsitzenden der fünf Bundestagsfraktionen wollen an diesem Mittwoch ihre Gespräche über eine gemeinsame Bundestagsresolution abschließen, in der Konsequenzen aus der Finanzkrise Griechenlands beschrieben werden sollen. Aus Sicht der Koalitionsfraktionen soll die Entschließung dazu beitragen, dass der Gesetzentwurf zur Verbürgung des – von der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu leistenden – Kredites an Griechenland am kommenden Freitag von einer breiten parlamentarischen Mehrheit getragen werde. Zudem sollen die Kritiker in den eigenen Reihen besänftigt werden. SPD, Grüne und Linksfraktion wollen deshalb ihre Einflussmöglichkeiten dokumentieren. Bei einem ersten Treffen der Fraktionsvorsitzenden am Dienstag wurde noch kein Einvernehmen erzielt. Die Opposition hielt sich deshalb ihr Abstimmungsverhalten noch offen.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Steinmeier trug die Forderung seiner Fraktion vor, in dem Entschließungsantrag müsse die Forderung nach einer europäischen Transaktionssteuer enthalten sein. Die FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger lehnte das mit Hinweis auf Bedenken des Internationalen Währungsfonds gegen ein solche Vorhaben ab. Der CSU-Landesgruppenvorsitzende Friedrich sagte, wenn schon, dann müsse eine solche Steuer „weltweit“ gelten. Eine rein europäische Transaktionssteuer werde die CSU nicht mittragen. Hingegen gab es bei anderen Vorschlägen grundsätzliche Übereinkunft. Dazu zählten Verschärfungen der Kontrollen defizitärer Euro-Mitgliedstaaten, ein finanzpolitisches „Frühwarnsystem“, der Aufbau einer europäischen Rating-Agentur, die Einführung von Insolvenzverfahren für Staaten sowie Regulierungen der Finanzmärkte. Die inhaltliche Bedeutung des Entschließungsantrages beschränkt sich auf Aufforderungen an die Bundesregierung.

SPD: „Wir sind keine Hasardeure“
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion Oppermann sagte, die SPD werde dem Gesetzentwurf der Bundesregierung nur zustimmen, wenn die Forderungen in der Resolution „klar und verständlich“ seien. Doch sei sich die SPD-Fraktion auch ihrer Verantwortung bewusst. „Wir sind keine Hasardeure.“ Der CSU-Landesgruppenvorsitzende Hans-Peter Friedrich sagte, eigentlich müsse es gelingen, einen gemeinsamen Resolutionsentwurf auszuarbeiten. Die Koalitionsfraktionen hatten am Vorabend jeweils mit großer Mehrheit der Gesetzesvorlage der Bundesregierung zugestimmt und diese als Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht. In der Unions-Fraktion gab es acht Nein-Stimmen und neun Enthaltungen. Bundestagspräsident Norbert Lammert hatte mit Nein gestimmt, weil in dem Gesetzentwurf kein Bezug zu den Absprachen zwischen IWF und der Europäischen Zentralbank mit Griechenland enthalten sei.

Der CDU-Abgeordnete Manfred Kolbe wurde mit der Forderung nach einer Umschuldung Griechenlands vernommen. Der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz habe das Sparprogramm Griechenlands als nicht ausreichend bewertet. Andere Abgeordnete hätten den Austritt Griechenlands aus dem Euro-Raum befürwortet. In der FDP-Fraktion gab es zwei Nein-Stimmen und sechs Enthaltungen. Neben dem Abgeordneten Lutz Knopek stimmte auch der Abgeordnete Frank Schäffler mit Nein. Schäffler sagte am Dienstag im WDR mit Bezug auf den Regierungsentwurf: „Wer griechische Anleihen gekauft hat, der darf nicht rausgeboxt werden vom Steuerzahler, und das tun wir hiermit.“ Es hieß, der frühere FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt habe sich bei der Abstimmung seiner Fraktion aus formalen Gründen der Stimme enthalten. In der Koalition wurde darauf verwiesen, mit den Abstimmungen zur Einbringung des Gesetzentwurfes sei nicht das Verhalten bei der Schlussabstimmung vorweg genommen.

„Namentliche Abstimmung“
Es gebe die Erwartung, dass die betroffenen Abgeordneten sich dann dem Votum der Mehrheit beugten, sagte Friedrich. Bei der Entscheidung am Freitag ist eine „namentliche Abstimmung“ vorgesehen. Aus der Zahl der Minderheitsvoten in den Koalitionsfraktionen zog der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD Thomas Oppermann den Schluss, die absolute Mehrheit („Kanzlermehrheit“) von Union und FDP sei bei der Abstimmung am Freitag nicht gesichert. Früher hätte Bundeskanzler Schröder (SPD) dann die Abstimmung mit der Vertrauensfrage verbunden. Frau Merkel aber habe die Lage nicht im Griff. Sogar der IWF-Chef Strauß-Kahn habe die zögerliche Verhandlungslinie der Bundesregierung als „schweren Fehler“ bezeichnet. Oppermann kündigte an, nach der Regierungserklärung der Bundeskanzlerin an diesem Mittwoch werde Steinmeier sprechen. In der Debatte vor der Abstimmung am Freitag werde der SPD-Vorsitzende Gabriel reden.

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